Siemens verkauft Hörgeräte-Sparte an Finanzinvestor
Die Aufseher hätten zudem auch die Bündelung des Deutschland-Geschäfts der Medizintechnik in eine eigenständige Einheit beschlossen, hieß es in den Kreisen weiter.
Ursprünglich hatte Siemens an einen Börsengang für das profitable Hörgerätegeschäft gedacht. Siemens-Chef Joe Kaeser begründete den Sinneswandel hin zu einem Direktverkauf mit einem sehr attraktiven Angebot des deutsch-schwedischen Investoren-Konsortiums. Der schwedische Hauptinvestor EQT und die deutsche Familie Strüngmann als Minderheitsinvestor haben somit für ihr 2,15 Mrd. Euro-Angebot den Zuschlag bekommen.
"Wir sind froh, einen Partner an Bord zu haben, der schon mehrfach gezeigt hat, dass er bei den immer eher langfristig angelegten Industriebeteiligungen Wertschöpfungspotentiale heben kann", erklärte Hermann Requardt, der Chef von Siemens Healthcare. Requardt weiter: "Siemens hat sich entschieden, einen Teil der Einnahmen zu reinvestieren und als Teilhaber von der Entwicklung der Sparte zu profitieren. In der Zukunft wird so ein noch stärkerer Kandidat für einen Börsengang entstehen."
Das Geld stammt aus dem Fonds EQT VI, welcher 2011 innerhalb von neun Monaten 4,75 Mrd. Euro eingesammelt hatte.
Der Markenname Siemens soll vorerst erhalten bleiben. Für die rund 650 Mitarbeiter des Hörgerätegeschäftes an den deutschen Standorten Erlangen und Herford wurden Vereinbarungen zur Standortsicherung getroffen. Insgesamt sind in der von Singapur aus geleiteten Sparte Siemens Audiologische Technik (SAT) weltweit knapp 5.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Der Schritt gilt als eine Etappe, um die ganze Sparte zu einem unabhängigen Unternehmen unter dem Siemens-Dach zu machen. Kaeser hatte zur Halbjahresbilanz im Mai angekündigt, dass die Medizintechnik eine eigenständige Rolle innerhalb von Siemens bekommen soll.
Die Siemens Audiologische Technik hat eine lange Tradition. Vor über 100 Jahren ist her, dass das erste indrustriell gefertigte Hörgerät von Siemens produziert wurde. Mittlerweile erzielt das Tochterunternehmen mit seinen weltweit 5.000 Beschäftigten – davon sind 700 an deutschen Standorten in Erlangen und Herforrd beschäftigt – 700 Millionen Euro Umsatz jährlich. Dieser hochproftitable Geschäftszweig erwirtschaftet eine höhere Rendite als die ohnehin profitable Medizinsparte (Röntgen-, Ultraschallgeräte u.ä.).
Welche Auswirkungen das für Hörgeschädigte hat ist noch nicht abzusehen. Aus kartellrechtlichen Gründen wäre ohnehin der Verkauf an andere große Hörgerätehersteller kaum möglich gewesen. Das nun ein Finanzinvestor das Geschäft übernimmt, macht es nicht besser. Dieser wird vermutlich ein noch stärkeres Interesse daran haben, die schon hohe Profitablität zu steigern.