400.000 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen verschwunden - Neues Gesetz löst Probleme der serbischen landwirtschaftlichen Genossenschaften
Die letzte Bestandsaufnahme in Serbien erwies, dass der durchschnittliche Landwirtschaftsbetrieb über 4,5 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen verfügt. Die meisten Betriebe - soaar 487.018 - 77,5% der Gesamtzahl, verfügen über max. 5 ha.
Um ihre Erzeugnisse leichter abzusetzen und wettbewerbsfähig zu sein, sollten sich solche Betriebe vereinigen und landwirtschaftliche Genossenschaften bilden. Im Unterschied zu Italien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, Frankreich und Slowenien, wo Landwirte das Leben ohne Genossenschaften undenkbar ist, ist diese Art des Zusammenschlusses von Landwirten in Serbien in den letzten zwanzigjahren nur wenig entwickelt.
Verschwinden von Genossenschaften, Bauernhöfen und Dörfern
Obwohl es Indikatoren für die Entstehung neuer Genossenschaften, weist ihre Anzahl von 1.200 auf das allmähliche Verschwinden dieser Art des Zusammenschlusses während der Transformation hin, sagt Miladin Sevarlic, Professor an der Fakultät für Landwirtschaftswissenschaft der Belgrader Universität.
- Das Gesetz über Insolvenzverfahren aus dem Jahre 2009, dessen Teile im Juli 2012 vom Verfassungsgericht der Republik Serbien für verfassungswidrig erklärt worden sind, hat als eine Art der Sterbehilfe auf landwirtschaftliche Genossenschaften in Serbien gewirkt. Sogar 736 Genossenschaften - 38% - wurden in nur drei Jahren liquidiert. Mehr als eine Hälfte in Regionen Sumadija, Pomoravlje, Kolubara, Macva und Zajecar und fast zwei Drittel in Regionen Jablanica, Pcinj, Bor, Nis, Pirot und Toplica - erzählt Professor Sevarlic in einem Interview für das Wirtschaftsportal "eKapija".
In Gegenden, wo Genossenschaften verschwunden sind, waren Landwirte Großhändlern und Privatunternehmern auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert. In einigen Regionen gibt es keine einzige landwirtschaftliche Genossenschaft als Grundlage für die Nachhaltigkeit der Dörfer mehr und Dörfer verlieren allmählich ihre Bewohner.
(Miladin Ševarlić)
Bis zum letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts waren Genossenschaften die Grundlage der Entwicklung der einheimischen Landwirtschaft. Ihr Untergang seit dem Anfang der Neunzigerjahren ist, seiner Meinung nach, der mangelnden Anwendung der internationalen Genossenschaftsprinzipien, der unregelmäßigen Durchführung der Revision sowie der Dominanz der Direktoren und Beschäftigten bei der Entscheidung zu verdanken.
Ein Teil des Genossenschaftseigentums ist "spurlos verschwunden" oder wurde zunächst in das gesellschaftliche und später ins Privateigentum überführt, was gesetzwidrig ist.
- Der Schuld liegt zum größten Teil bei Genossenschaftler selbst, die das Genossenschaftseigentum nicht als eigenes geschützt haben, sowie bei Geschäftsführern, die zur Ruinierung des größten Teils der Genossenschaften beigetragen haben. Verantwortlich ist natürlich auch der Staat, die das Genossnschaftseigentum in den vergangenen Jahrzehnten als gesellschaftliche klassifiziert hat, was einen internationalen Präzedenzfall darstellt - betont Sevarlic.
Gesetz über Genossenschaften
Das neue Gesetz über Genossenschaften, das bis Ende Mai auf die Tagesordnung des serbischen Parlaments kommt, sollte die umstrittene Eigentumsverhältnisse klären.
Von isgesamt 105.779 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen in Serbien ist der größte Teil (57.459 ha oder 54,3%) im Staatseigentum. 30.100 ha, bzw. 28,5% sind im gesellschaftlichen Eigentum und 18.220, bzw. 17,2% im Genossenschaftseigentum.
Das neue Gesetz wird endlich erlauben, dass das von Genossenschaftlern erwobene Eigentum in Grundbücher als Genossenschaftseigentum eingetragen wird.
- Das neue Gesetz wird die Überführung des gesellschatlichen Eigentums, das allen, und jedoch niemanden gehört, ins Genossenschafteigentum, aber erst nach fünf Jahren. Der Staat und andere Interessenten können innerhalb dieser Frist das Eigentumsrecht beweisen und sie aus dem Genossenschaftsvermögen ausnehmen - sagt Sevarlic.
Aber bei der Vorbereitung des Gesetzentwurfs war niemand bereit dafür, die Genossenschaften in den Prozess der Restitution wie im Falle des nationalisierten Eigentums der Kirchen und der natürlichen Personen einzuschließen, sagt unser Gast.
- Ich schätze, dass wir 401.109 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen im Genossenschaftseigentum verloren haben. In Hinsicht auf den Preis, zu dem "Al Dahra" landwirtschaftliche Flächen in Serbien gekauft hat, handelt es sich um mehr als 4,8 Mrd. Euro. Seit dem Anfang der Transformation sind 4.106 ha aus dem Genossenschaftssektor verschwunden, fast ein Drittel im Wert von fast 600 Mio. Euro.
Sasa Radivojevic, Direktor der landwirtschaftlichen Genossenschaft "Simanovci" glaubt, dass das neue Gesetz mindestens einen Teil der Probleme mit dem Genossenschaftseigentum lösen
- Alte Genossenschaften kampfen, um über die Runden zu kommen. Sie bekommen weder Subventionen, noch andere Fördermittel vom Staat. Sie haben fast keinen Zugang zu Krediten, weil sie ihr Vermögen nicht pfänden können. Sie haben auch Probleme mit Zulieferern, die Schulden nicht zurückzahlen. Die Genossenschaften haben sehr starke Konkurrenten, die landwirtschaftliche Erzeugnisse für Bargeld ankufen, Konkurrenten, die Landmaschinen für Bargeld und steuerfrei, verliehen, und dadurch viel günstigere Bedingungen als Genossenschaften bieten können. Und diese werden weder kontrolliert, noch bestraft - unterstreicht Radivojevic.
Irina Milošević