Radmila Ivetić, Präsident der Lebensmittelbank in Serbien - Wir haben unsere Seele noch immer nicht verloren
Der Satte glaubt dem Hungrigen nicht, sagt das Volk. Und es gibt immer mehr Hungrige. In der Welt der Armut und Hoffnungslosigkeit gibt es keinen Platz für den Verstand und die Kultur. Wir können das einsehen und weiterziehen, oder die Ärmel hochkrempeln, zupacken und helfen.
Sie hat die Menschlichkeit von ihren Eltern vererbt, die Aktion ist die Frage des Prinzips, erzählt Radmila Ivetić, Präsidentin der serbischen Lebensmittelbank, mit einer zwanzigjährigen Erfahrung auf diesem Gebiet, oder mit einem Wort beschrieben - Hilfsarbeiter.
- Es handelt sich um eine besondere Art von Menschen, unabhängig weder von der Lebensweise, noch von der Erziehung. Man hat so etwas in den Genen oder nicht. Mein Vater hat als Agronom jahrelang im Rahmen der UNO-Programme in Afrika gearbeitet, und habe oft hilfslosen und bedürftigen Menschen geholfen. Und er hat an den Hilfsaktionen auch im Ruhestand gern teilgenommen. Mein Bruder und ich sind gleich. Wir bieten Hilfe, bevor wir darum gebeten werden - erklärt unsere Gästin.
Sie könnte Karriere in der Wirtschaftswisschenschaft, Diplomatie oder als Übersetzerin machen, entschied sich trotzdem für die Hilfsarbeit. Sie hatte die Chance in Tunnesien, Kongo, Kanada oder Frankreich zu leben, entschied sich jedoch für Belgrad.
Wagemutig und energisch half sie zahlreichen Menscen und Familien. Sie hat viele Kinder, alte Menschen, Flüchtlinge und Binnenvertriebene gefüttert und sucht noch immer nach der Balance zwischen den Hilfsbedürftigen und jenen, die Hilfe leisten möchten.
- Es ist nicht wahr, dass wir die Seele oder das Einfühlungsvermögen verloren haben. Ganz im Gegenteil. Wir werden jeden Tag von Firmen und einzelnen Personen kontaktiert, die uns helfen möchten. Die Lebensmittelbank hat ein anderes, administratives Problem. Wir können, nämlich, keine zusätzlichen Hilfsarbeiter engagieren, so dass alles von meiner Kollegin und mich erledigt wir und Freiwillige helfn uns nur bei Aktionen. Es wäre viel leichter und wir wären viel effizienter, wenn wir noch einen Mitarbeiter einstellen könntne, der Spender animieren würde.
Sie möchte nicht viel von sich selbst und ihrer Arbeit reden, lobt aber gern andere für die geringsten Bemühungen und Leistungen:
- Ein Lkw-Besitzer hat ein Hilfskontigent für Südserbien nicht nur zum niedrigsten Preis befördert, sondern einmal auch 3-4 Tonnen humanitärer HIlfe selbst ein- und ausgeladen. Er hat auch 12-15 Paletten mit Weinhnachtsgeschenken ein- und ausgeladen, und so etwas geschieht heutzutage nicht so oft. Viele wollen uns helfen und helfen uns, aber nich auf solche Weise und in solchem Maß. Solche Menschen ermutigen uns zusätzlich.
Sie wurde immer von der Idee geleitet, nur was sie will, zu tun. Immer wenn sie eine größere Veränderung im Leben oder Beruf benötigte, tut sie so.
Sie behauptet, sie könnte sich keine perfektere Karierre als diese vorstellen
- Ich war immer hilfsbereit, sogar als ich Kind war. In der Schule, zu Hause. Immer - sagt Radmila und erinnert sich daran, sofort nach dem Ende des ersten Schuljahrs mit ihrer Familie nach Tunnesien umgezogen zu haben.
Sie lebte im Internat, besuchte die Grund- und Sekundärschule, machte einen Abschluss in der Republik Kongo. Sie begann ihr Studium in Kongo, machte aber einen Diplomabschluss in Nizza.
- Ich bin nach Nizza mit einer Freunding gekommen und den Diplomabschluss zufällig gemacht. Nach der Rückkehr aus Frankreich habe ich zunächst in der libanesischen Botschaft gearbeitet, wechselte aber bald zum Unternehmen "Aviogenex". Der nächste Schritt war Algerien, wo ich von der Chemischen Industrie Pančevo als Dolmetscherin engagiert wurde. Als ich aus Algerien zurückgekehrt bin, habe ich bei Ärzten ohne Grenzen gestartet,. Sie haben einen Dolmetscher für Pale benötigt.
Überall nur Armut und Elend
Alles was sie in Afrika erlebt hat, musste sie noch einmal, diesmal leider in ihrem Heimat erleben - Hunger, Elend und Krieg.
- Außer der medizinischen Basishilfe realisierten die Ärzte ohne Grenzen mehrere medizinische, logistische, soziale und psychosoziale Projekte. Ich habe 12-13 Jahre für diese weltweit tätige Nichtregierungsorganisation gearbeitet. Trotz harter Zeiten und viel Arbeit erinnere ich mich auch an einige schöne Ereignisse. 2005 wurde die Mission in Serbien geschlossen. Und wie es oft bei mir passiert, hat mich bald eine Französin kontaktiert und mir vorgeschlagen, eine Lebensmittelbank zu gründen. Wir realisierten die erste Aktion im Frühling 2007. Sie hat einen guten Widerhall gefunden. Sehr hilfsreich bei allen Aktionen waren und sind noch immer die Banken Societe Generale und Credit Agricole sowie der Fernsehsender B92. Es gibt 230 Lebensmittelbanken in 21 europäischen Ländern.
Die Lebensmittelbank ist ein System, das die Sammlung, Auslese, Bereithaltung, Zusammenführung und Verteilung von Lebensmitteln, die nicht mehr für das normale "in Verkehr bringen" vorgesehen sind, ermöglicht und organisiert.
- Das Konzept der Lebensmittelbank schließt die Lücke zwischen der Industrie und meist lokal agierenden humanitären Hilfsorganisationen. Dabei profitieren alle Beteiligten: Den Unternehmen wird die Entsorgung abgenommen und die Hilfsorganisationen können mit ausreichend Nahrungsmitteln den Bedürftigen helfen. Es ist wichtig zu betonen, dass wir Lebensmittel nicht verkaufen und das Geld nur für das Funktionieren der Lebensmittelbank benötigen. Eines der Hauptziele unserer Organisation ist die Verschwendung der Lebensmittel zu verhindern. Alle hygienische Normen müssen eingehalten werden, alle Spenden sind kostenlos.
Nahrung bedeutet Leben
Viele Projekte sind auf die Ausbildung und Entwicklung orientiert, aber ohne Basis kann man nicht viel aufbauen. Die Nahrung ist notwendig, wie die Luft.
- Wenn jene, die genug Geld haben, nur zwei bis dreimal wochentlich ohne Abendbrot ins Bett gehen würden, wären wir vielleich viel hilfsbereiter. Der Hunger ist eine der schwersten Folgen der Armut. Wer Hunger hat, kann weder denken, noch arbeiten. Unsere Organisation möchte Menschen zu Spenden und Solidarität ermutigen. Wir möchten zeigen, dass wir gemeinsam die Bedürftigen helfen können.
Obwohl die Überlebung und weitere Arbeit der Lebensmittelbank in Serbien in der letzten Zeit infrage gekommen ist, gelang es Radmile Ivetić noch einmal, durch positive Einstellung eine neue positive Energie anzuziehen:
- Ich wurde unlängst von einem Arzt serbischer Herkunft aus New Jersey kontaktiert, Inhaber der "Euro Atlantic Corporation", die in Serbien die Kampagne "Saubere Hände unserer Kinder" realisiert. Er hat mich die langfristige Zusammenarbeit geboten bzw. gemeinsame Aktionen, die uns die kontinuierliche Finanzierung der Lebensmittelbank sichern könnten. Er hat mit der Lebensmittelbank in den USA zusammengearbeitet und möchte jetzt der Organisation in Serbien helfen. Diese Geschichte klingt unmöglich, fast märchenhaft. Der Erfolg der Aktien und die Nachhaltigkeit der Lebensmittelbank hängt nicht nur von unserer Zusammenarbeit, sondern auch von der Teilnahme potenzieller Unternehmen-Partner ab.
Marija Kambić